Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterstützen, mit einer Verschärfung des Kartellrechts auf die hohen Spritpreise trotz des Tankrabatts zu reagieren. "Es ist gut, dass Robert Habeck jetzt auch diesen Ball aufgenommen hat", sagte Lindner in den ARD-Tagesthemen. Das Kartellamt müsse prüfen, wie genau sich die Kraftstoffpreise zusammensetzten.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Wochenende den Mineralölkonzernen mit einem harten Durchgreifen gedroht. Er kündigte an, angesichts anhaltend hoher Spritpreise "möglichst schnell" Vorschläge zu einem schärferen Kartellrecht vorlegen. "Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen", sagte Habeck im Deutschlandfunk. Nach Habecks Plänen soll das Kartellamt mehr Eingriffsmöglichkeiten erhalten, um beispielsweise gegen Mineralölkonzerne schärfer vorgehen zu können. Wettbewerbshüter sollen auch Gewinne abschöpfen können, wenn Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen. Als letztes Mittel sollen auch Entflechtungen bei marktbeherrschenden Stellungen möglich sein.

Laut Habeck können nach dem geltenden Kartellrecht theoretisch zwar schon jetzt Gewinne abgeschöpft werden. Aber dies sei schwer anzuwenden, weil der Nachweis erbracht werden müsse, dass es ein Kartell sei. Um diesen Nachweis zu erleichtern – "also diesen vermachteten Markt", der wie ein Kartell funktioniere, müsse das Kartellrecht reformiert werden. Entflechtungen habe es in Deutschland schon gegeben, sagte Habeck. "Politik ist nicht so wehrlos, wie man manchmal denkt."

Unterstützung auch aus der SPD

Habeck warb um Unterstützung für sein Vorhaben. Er hoffe, "dass alle, die gefordert haben, dass das Kartellamt einschreitet, auch bereit sind, es in die Lage zu versetzen, einschreiten zu können", sagte der Bundeswirtschaftsminister der Welt. "Das greift zwar jetzt nicht mehr für den Tankrabatt, aber es schärft die Schwerter für die Zukunft und sendet das klare Signal, dass Bereicherung auf Kosten anderer nicht so einfach geht." Er verstehe die Enttäuschung und den Ärger von Verbraucherinnen und Verbrauchern, wenn Konzerne die Steuersenkung, die als Erleichterung für Pendlerinnen und Pendler gedacht war, einfach als Gewinn einstrichen.

Auch SPD-Chef Lars Klingbeil begrüßte diese Pläne. "Der Tankrabatt ist für die Pendlerinnen und Pendler da, nicht für die Ölmultis", sagte er der Rheinischen Post. Solcherlei Preisabsprachen seien "unanständig". Die Union bewertete den Vorstoß von Habeck hingegen skeptisch. Zwar sagte Fraktionsvize Thorsten Frei in der Rheinischen Post, der Tankrabatt dürfe nicht zur Gewinnmaximierung missbraucht werden. Das Kartellamt habe aber bereits Eingriffsmöglichkeiten. Das Eingriffsrecht der Behörde könne unabhängig von einem möglichen Missbrauch eingesetzt werden.

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht die Reformpläne des Kartellrechts positiv. Die Bundesregierung scheitere derzeit "bei ihrer Verantwortung bezüglich der Spritpreise, fairen Wettbewerb sicherzustellen, einen Marktmissbrauch zu verhindern und Verbraucher zu schützen", sagte er der Augsburger Allgemeinen. Allerdings werde die Reform des Kartellrechts zu spät kommen, um die aktuell hohen Spritpreise zu senken.

Debatte über Übergewinnsteuer bleibt offen

Weiter offen ist die Debatte über die Übergewinnsteuer, um krisenbedingte Extragewinne mit einer Abgabe zu belegen, wie Grünenparteichefin Ricarda Lang im ARD-Bericht-aus-Berlin sagte. SPD-Chef Klingbeil äußerte sich ähnlich und nannte es "überlegenswert, Unternehmen, die jetzt Extragewinne machen, stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls heranzuziehen".

Lindner lehnt eine Übergewinnsteuer allerdings weiterhin ab. Das müsste dann beispielsweise auch für Impfstoffproduzenten gelten, die von der Corona-Pandemie profitiert hätten, sagte der FDP-Chef. "Wenn man da jetzt noch differenziert, mit einer Art 'Übergewinnsteuer' für Branchen, die nicht so beliebt sind bei uns, dann öffnet das der Willkür Tür und Tor", sagte Lindner. Dies sei mit ihm nicht zu machen.

Habeck hält an einer Übergewinnsteuer oder zumindest einer Alternativlösung allerdings fest, wie er im Deutschlandfunk sagte. Eine Übergewinnbesteuerung scheine in der Koalition nicht mehrheitsfähig zu sein, sagte der Grünen-Politiker und verwies auch auf Lindners Ablehnung. "Ich weiß nicht, ob sich da noch was bewegt." Er könne und werde die Idee allerdings nicht vom Tisch nehmen, da er sie für richtig halte. "Aber ich werde einen Vorschlag unterbreiten, der zielgenau einen ähnlichen Effekt hat."

Zum 1. Juni wurde als Teil des Energieentlastungspakets der Bundesregierung die Energiesteuer auf Kraftstoffe gesenkt. Bei Benzin sinken die Steuersätze für drei Monate um 29,55 Cent je Liter, bei Diesel um 14,04 Cent, hinzu kommt eine geringer ausfallende Mehrwertsteuer auf den Gesamtpreis. Den Mineralölkonzernen wird vorgeworfen, den Tankrabatt nicht ausreichend an Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben.