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Pop DJ Dixon

Vergessen wir, was Montag bis Freitag war

Oligarchen, korrupte Polizisten und zwei Millionen Techno-Fans können nicht irren: Der Berliner Dixon alias Steffen Berkhahn ist zurzeit der beste DJ der Welt. Eine Begegnung in Mexiko.

„Darum geht es doch im Nachtleben“, hatte er gesagt, Stunden zuvor, die sich jetzt wie Wochen anfühlten. „Du willst deine Grenzen austesten.“ Wolken hatten sich vor den Mond geschoben, das Meeresrauschen war nun kaum noch zu hören, weil hinten auf der Düne die nächste Bassline von tausend Tänzern mit Jubel begrüßt wurde.

Gleich würde er übernehmen, die Feiernden Richtung Sonnenaufgang begleiten. Gleich würden Smartphones und Fäuste in den karibischen Himmel gereckt und der Jubel noch ein wenig lauter werden. Diese Fiesta hier mochte mexikanisch sein, doch die Weisheiten des DJ Dixon klangen recht universal. „Nachtleben“, so hatte er gesagt, „heißt vergessen, was Montag bis Freitag war“.

Samstagmittag, gegen 13 Uhr, waren sie dann ausgetestet, meine Grenzen. Dixon, der bürgerlich Steffen Berkhahn heißt und eine Stunde zuvor die letzte Platte aufgelegt hatte – nach 14 Stunden Flug und zwölf Stunden Party –, saß nun in einem weißen, schlecht gefederten Van und versuchte trotz der Buckelpiste durch den Urwald ein wenig zu schlafen.

Kondition ist alles

Neben ihm Frank Wiedemann und Kristian Beyer, ein Produzenten- und DJ-Team, das mit ihm das Label Innervisions betreibt und unter dem Namen Âme für einige der größten Hits der Nacht verantwortlich war und das so ausdauernd Tequila getrunken hatte, dass es fast verstörend wirkte, wie aufgeräumt es jetzt die Ausschweifungen Revue passieren ließ. Meine Woche, sie lag tatsächlich im Nebel – vergessen die Konferenzen, die Telefonate, all die Texte und Themen. Meine Grenze war noch fünf, vier, drei, zwei Schlaglöcher entfernt. Ein letztes noch, und ich bat den Fahrer anzuhalten.

Nachtleben, so sägte und hämmerte es mir durch den Kopf, während ich mich über den Straßenrand krümmte, Nachtleben ist Hochleistungssport. Kondition ist wichtig, aber ein bisschen Kontrolle kann auch nicht schaden. Dixon, der kurz vor dem Mauerfall noch DDR-Jugendmeister im Langlauf war, wüsste bestimmt, was ich meine. Hatte der Mann, für den sie dieses gigantische Soundsystem in den Urwald gestellt hatten, nicht erst um zehn Uhr morgens seinen obersten Hemdknopf geöffnet?

Wer in den letzten Jahren in den deutschen Mainstream-Medien etwas über Techno und House, über Raves und elektronische Tanzmusik erfahren wollte – und sich nur bedingt für den politischen Überlebenskampf des Duisburger Oberbürgermeisters interessierte –, der wurde enttäuscht. Einen Sommer lang schickten die Feuilletons ihre Berichterstatter ins Berliner Berghain – Journalisten, die soeben durch das Suhrkamp-Buch „Lost and Sound. Berlin, Techno und der Easyjetset“ darüber aufgeklärt worden waren, dass man im Rest der Welt das Berliner Nachtleben für unerreicht exzessiv hält.

Die Clubkultur spielt in den Netzwerken

Dass der Rest der Welt die Protagonisten dieses Nachtlebens Woche für Woche bei sich daheim sehen will, in Buenos Aires und Los Angeles, in Moskau und Singapur, das erfuhr man schon nicht mehr. Falls doch einmal ein Lifestylemagazin oder Fernsehsender einen DJ für seinen Themenmix brauchte, so hatte man als Leser und Zuschauer sofort das Gefühl, in ein Zeitloch zu fallen. DJ Hell, Paul van Dyk und Westbam heißen die Stars aus vergangenen Tagen, deren Telefonnummern offensichtlich noch immer in den iPhones der mit ihnen gealterten deutschen Redaktionsleiter gespeichert sind.

Was der Sound der Stunde ist, wer weltweit die großen Clubs und Festivals füllt, das wird längst woanders diskutiert – auf ResidentAdvisor.net etwa, dem in Australien gegründeten Zentralorgan der internationalen Club-Gemeinschaft. Über zwei Million registrierte Nutzer informieren sich hier über ihre Lieblings-DJs, -produzenten, -clubs und -festivals, hören in wöchentlichen Podcasts DJ-Sets der Stars oder kaufen die aktuellen Hits als digitale Downloads. Jeden Dezember wählen sie die Top 100 der DJs – eine Liste, die in der Szene als Weltrangliste gehandelt wird und mit darüber entscheidet, ob ein DJ an einem guten Abend nun 3000, 6000 oder auch schon mal 20.000 Euro verlangen kann.

DJ Dixon, der Mann im Van, der beim Halt auf freier Strecke nur kurz hochgeschaut hat und seinen Kopf jetzt wieder von hinten gegen den Fahrersitz presst, ist die neue Nummer eins. Sven Väth hat er bereits vor ein paar Jahren überholt, 2012 konnte er von Nummer sieben auf Nummer drei klettern, und jetzt ist er – so posten es, wie sich später herausstellen wird, gerade in diesem Moment auch die ersten mexikanischen Fans auf seiner Facebook-Seite – der beste DJ der Welt.

Ein Messi des Mischpults

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„You are the best“, schreiben sie, „Best party of my life“ und „Most beautiful musical experience ever“. Es fehlte eigentlich nur noch, dass ihn einer „Messi des Mischpults“ taufen würde, aber für Alliterationen hat nach zwölf Stunden Party im Dschungel dann doch niemand genug Rechnerkapazitäten frei.

Am nächsten Tag steht Steffen Berkhahn um 8 Uhr morgens am Frühstücksbuffet des „Papaya Playa Design Hotels“ und nimmt sich Obstsalat. Eine volle Übernachtung ist ein Luxus, den er sich nur selten gönnt, meist geht es nach seinen Auftritten direkt zum Flughafen und von dort ins nächste Land, die nächste Stadt, den nächsten Club. Oder so schnell es geht zurück nach Berlin, zu Frau und Sohn.

So stramm ist sein Reiseplan, dass er in einem Moment sagt, noch nie in Peru gewesen zu sein, und ihm eine Viertelstunde später dämmert, vor drei Monaten doch in Lima gespielt zu haben – allerdings sei er um 23 Uhr gelandet und nach der Party um 7 Uhr früh schon nach São Paulo weitergeflogen. Die Lufthansa ehrt solchen unermüdlichen Einsatz mit der höchsten Vielflieger-Auszeichnung – 2013 ist er allein mit der deutschen Fluglinie 490.000 Meilen geflogen und so in den „Hon Circle“ aufgestiegen, deren Mitglieder am Frankfurter Flughafen mit Limousinen zur Gangway chauffiert werden.

Was soll man auch darüber reden?

Und nun sitzt Steffen Berkhahn auf der Terrasse des „Playa Papaya“, hat sein MacBook aufgeklappt und arbeitet. Sein Label muss gemanagt werden, sein Facebook-Profil gepflegt, Anfragen müssen beantwortet werden. Die israelische Tageszeitung „Haaretz“ möchte ihn vor seinem kommenden Auftritt in Tel Aviv groß für ihre Wochenendbeilage porträtieren, es geht hin und her, doch er und der Reporter werden zeitlich nicht zusammenkommen.

Dass trotz aller Erfolge und Auszeichnungen keine Presseanfrage aus Deutschland dabei ist – Spiegel TV etwa begleitet dann doch lieber DJ Westbam bei seiner Japan-Tournee –, stört ihn keineswegs. „Ich habe gar nicht das Bedürfnis, das, was ich tue, irgendjemandem zu erklären“, sagt er. Und: „Was soll man auch so viel über den Scheiß reden?“

Der „Scheiß“, wie Steffen Berkhahn es nennt, geht jetzt schon Jahrzehnte so, seit der Erfindung von House in Chicago und Techno in Detroit, seit ihrem Siegeszug erst in Europa und dann im Rest der Welt. Seitdem nicht mehr eine Million Raver an der Berliner Siegessäule zusammenkommen, mag zwar öffentlich-rechtlich nicht mehr berichtet werden.

Daunenregen in Amsterdam

Und doch ist das Phänomen internationaler als je zuvor, es ist ein Wirtschaftsfaktor, den nicht nur Klaus Wowereit zu schätzen weiß. House und Techno sind, wenn man so will, das musikalische Äquivalent zu Hemd und Hose. Der Schnitt mag von Saison zu Saison leicht variieren, die Nachfrage bleibt gleich. Ob Drum ’n’ Bass, Grime oder Dubstep – keine Spielart der elektronischen Tanzmusik konnte bislang den 4/4-Takt verdrängen.

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Der „Scheiß“ ist im Falle des Steffen Berkhahn aber auch Koketterie. Er weiß, dass er magische Momente schafft, wenn er etwa, wie im vergangenem Sommer in der Berliner Rummelsburg auf dem ausverkauften Open-Air-Festival seines eigenen Labels Innervisions 5000 Tänzer in den Sonnenuntergang dirigiert – mit zum großen Teil noch unveröffentlichten Stücken seiner Labelkollegen Âme, Henrik Schwarz und Marcus Worgull, die dem aus Glasgow, Zagreb oder Cottbus angereisten Publikum Tränen der Freude in die Augen treiben.

Oder wenn er via Facebook und mit Billigung seines Lieblingshotels während der Amsterdam Music Days sehr kurzfristig auf seine sehr große Suite lädt, um dort gemeinsam mit Âme ein Set zu spielen, in dessen Verlauf die circa zweihundert spontan erschienenen Fans sämtliche Kissen aufschlitzen und er schließlich im Daunenregen den Âme-Remix von Paul Simons Klassiker „Diamonds On The Soles Of Her Shoes“ spielt. Ein inzwischen legendärer Auftritt, der auf YouTube dokumentiert ist und so zusätzlich zu den 200 Amsterdamer Fans noch einmal 230.000 Menschen erreicht hat.

Jamie xx hat das Raven bei Dixon gelernt

Steffen Berkhahns Sound, die Musik, die er auflegt und auf seinem Label veröffentlicht, ist stilprägend in dem Sinne, dass sie die jahrelange Dominanz des Minimal Techno unterbrochen hat. Berkhahn hat das Tempo stark gedrosselt, er hat Vocals, Drama und große Emotionen auf die Tanzflächen zurückgebracht.

Wer nur einmal den Innervisions-Hit „The Howling“ gehört hat, wundert sich nicht mehr, dass mit Jamie xx der größte Melancholiker der jüngeren Popgeschichte ein erklärter Fan des Dixon-Sounds ist. Jüngst trat der Kopf der Kritikerlieblinge The xx wiederholt auf Innervisions-Veranstaltungen auf. Und es klingt schon ein wenig stolz, wenn Steffen Berkhahn sagt, Jamie xx habe das Raven tatsächlich bei diesen Partys gelernt.

Wie er so auf der Terrasse sitzt und Richtung Kuba schaut, wirkt das Wort „raven“ dann doch etwas merkwürdig aus seinem Mund. Anders als Sven Väth oder Ricardo Villalobos, die international erfolgreichsten deutschen DJs der späten Nullerjahre, ist Berkhahn nicht dafür bekannt, härter zu feiern als sein Publikum. Die Tänzer können noch so gedopt und enthemmt sein, der Schweiß kann von der Decke tropfen – Berkhahn bleibt hinter seinem Mischpult meist die Ruhe selbst.

Das Hemd bleibt in der Hose

Die Frisur sitzt, das vorbildlich gebügelte Dries-van-Nooten-Hemd bleibt in der Hose. Auch wenn er in den letzen Jahren lockerer geworden ist, neben einem Kollegen wie Seth Troxler, der für seine Fans den Rausch der Nacht regelrecht personifiziert und je nach Laune und Konsum seine DJ-Sets auch schon mal splitterfasernackt beendet, wirkt Berkhahn noch immer wie ein Klosterschüler.

„Ich habe das Glück“, sagt er, „dass mein Publikum nicht von mir erwartet, dass ich mit ihm ausraste. Und ich habe das Glück, dass zu Hause meine Familie auf mich wartet. Wenn ich mich an den Wochenenden so gehen ließe, wie es sich oft anbietet, wäre ich unter der Woche für nichts mehr zu gebrauchen.“ Fallstudien, wie man es nicht machen sollte, habe er in 20 Jahren als DJ mehr als genug gesammelt, seit seinen Anfängen im Berliner Club „WMF“.

Überhaupt setzt sich Berkhahn durch seinen Habitus entschieden von der Star-DJ-Konkurrenz ab. Man würde ihm auch abnehmen, Tanztheater-Choreograf zu sein, seine Frau Ana Ofak ist Doktor der Kulturwissenschaften, und zu Hause in der Altbauwohnung in Prenzlauer Berg hängen konzeptuelle Arbeiten von jungen Kunststars wie Alicja Kwade.

Berlin ist ein Club in Bogota

Scheinbar mühelos schaffen er und seine Mitstreiter von Innervisions den Spagat zwischen High und Low, zwischen der Vertonung des Stummfilmklassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ oder Kompositionen fürs Berliner Staatsballett und den exzessivsten, längsten und manchmal auch kaputtesten Partys der Welt.

Wenn Steffen Berkhahn von den merkwürdigsten Auftritten des vergangenen Jahres erzählt, wird schnell klar, dass momentan wohl kein anderer deutscher Kulturexport vergleichbare Einblicke in Parallelwelten erhält. Da ist zum Beispiel der Club namens „Berlin“ in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. Als er am Flughafen abgeholt wurde, erzählt Berkhahn, habe er gefragt, wann er anfangen solle. Die Antwort lautete: um zehn, gleich wenn sie öffnen.

„Ich sagte, dass dann doch bestimmt noch niemand da sei und ob nicht jemand anderes das Aufwärmprogramm übernehmen könne. Keine Sorge, hieß es, von zehn bis halb elf sei Happy Hour, und danach sei der Club gerammelt voll.“ Und? „Während ich meine erste Platte spielte, merkte ich, dass Happy Hour in diesem Falle heißt, dass jeder Besucher eine Line Koks aufs Haus bekommt, direkt an der Bar. Um halb elf war die Tanzfläche voll.“

Wo die Polizeibeamten leben wie Drogenbarone

Da ist der Club namens „Troyka“ in Moskau, ein Club ohne Website, über den Berkhahn vor seinem Auftritt so gut wie nichts in Erfahrung bringen kann. „Es stellte sich heraus, dass es der Privatclub eines Oligarchen war. 600 Leute waren da, mehr schöne Frauen, als ich je an einem Ort versammelt gesehen habe.“ Dass das gesamte Publikum gecastet und offensichtlich vorab durchleuchtet worden war, dämmerte ihm erst, als eine Bekannte von ihm auf der Toilette von einer Hostess gestellt wurde. „Die Frau schrie tatsächlich: ‚Ich kenne dich nicht, und ich kenne jeden hier!‘ Woraufhin Security erschien, um meine Bekannte aus dem Club zu schmeißen.“

Oder da ist die Party auf dem Zócalo, dem Hauptplatz von Mexiko-Stadt, an deren Ende ihn die Veranstalter bitten, noch auf einer After-Party zu spielen. „Eine halbe Stunde später kommen wir in dieser unglaublichen Villa an, in einen Fels gebaut wie in einem James-Bond-Film – mit einer Armada von Hummer und Ferrari in der Auffahrt.“

Die Party nimmt Fahrt auf, selbst die Bodyguards scheinen sich zu amüsieren. Nur verraten, wo genau er ist, was der Gastgeber beruflich macht, will ihm keiner. Erst auf dem Weg zurück zum Flughafen klärt man ihn auf: Er sei gerade bei einem der höchstrangigen Polizeibeamten von Mexiko-Stadt zu Hause gewesen. „Da war ich erst mal sprachlos.“

Nächste Ausfahrt: Ibiza

Wie er so dasitzt unter Palmen, aufs Meer rausschaut und sich dabei auf Berlin freut, darauf, morgen gleich nach seiner Rückkehr seinen Sohn von der Kita abzuholen, fällt es schwer, ihn sich auf der Party eines mexikanischen Polizeibeamten vorzustellen.

Ob er es auf seinen Reisen schon einmal wirklich mit der Angst bekommen hat? Steffen Berkhahn lacht jetzt, es sei nicht so, dass er ständig in solche Situationen gerate. „Aber wenn ich darüber nachdenke, hatte ich auch jedes Mal Angst, wenn mir einer der großen Club-Besitzer in Ibiza vorgestellt wurde. Sowenig man viele der Menschen, die man kennenlernt, zu sich nach Hause einladen würde, so sehr ist man doch von ihnen fasziniert. Ich meine, wir alle gucken gerne ,Scarface‘, oder?“

Ibiza, die Insel, auf der Clubs wie „Space“, „Amnesia“ und „Pacha“ Hunderttausenden Tänzern pro Woche Eintrittspreise um die 70 Euro abnehmen, ist der Ort, an dem sich für Berkhahn in diesem Sommer die Strategie für die kommenden Jahre entscheidet. Die zwei vergangenen Saisons war er alle zwei Wochen in einem der Clubs zu Gast; so oft ist er rein- und rausgeflogen, dass er schon darüber nachgedacht hat, sich gemeinsam mit einem Freund ein Haus vor Ort zu kaufen.

Auch über der Hölle gibt es einen Himmel

Jetzt haben ihm drei Veranstalter – unter ihnen das „Pacha“, die vielleicht berühmteste Club-Marke der Welt – eine eigene, wöchentlich stattfindende Nacht angeboten. Sagt er dem „Pacha“ zu, würde jeder Ibiza-Tourist bereits auf dem Weg vom Flughafen sein Gesicht auf den riesigen Billboards am Straßenrand sehen. Er würde aber auch Woche für Woche für ein Publikum spielen, das bei seinen Innervisions-Nächten im Berliner Berghain am Türsteher scheitern dürfte, weil es zu schick, zu blond, zu neureich ist. Er würde einen entscheidenden Schritt weiter Richtung Mainstream gehen.

„Wenn mir jemand vor vier Jahren gesagt hätte, dass ich bald vor solchen Entscheidungen stehen würde, hätte ich ihn ausgelacht.“ Ibiza sei für ihn ein Synonym für die Hölle gewesen. Doch die Trance-DJs, die das Nachtleben der Insel dominiert hätten, seien nach Las Vegas weitergezogen. „Und der Sound, der einmal Underground gewesen ist, ist plötzlich das, was die Leute auf Ibiza hören wollen.“

Ist aus der Hölle jetzt der Himmel geworden? Ibiza, sagt Steffen Berkhahn, stehe gleichzeitig für das Schlechteste und das Beste, das sein Beruf zu bieten habe. Da seien die Abzocke, die mafiösen Strukturen, die Go-go-Tänzer und sonstigen Geschmacklosigkeiten. Und trotzdem sei da diese Energie, die regelmäßig jeden Zweifel an dem, was er da tut, zerstreue.

Kate Moss ist da, David Beckham ist da

„Ich erinnere mich an ein Wochenende im vergangenen Sommer. Freitag Lissabon, Samstag Bordeaux, Sonntag tagsüber das Open Air in Berlin, Sonntagnacht die After-Hour dazu im Club. Dann ist es Montag, früher Abend. Ich stehe Backstage im „Circo Loco“ auf Ibiza. David Beckham ist da, Kate Moss und Naomi Campbell. Nicht, dass das eine Rolle spielen würde. Denn ich bin am Ende. Ich kann nicht mehr, habe keinen blassen Schimmer, wie ich die nächsten zwei Stunden überstehen soll. Und doch bin ich dran. Man schiebt mich in die viel zu volle, viel zu enge DJ-Booth. Meine erste Platte läuft, und der Club hebt ab. Die Leute drehen komplett durch. Und alle Müdigkeit, wirklich alle, fällt von mir ab.“

Diese Momente sind es, die süchtig machen, die ihn daran erinnern, warum er das alles tut. Was hatte Steffen Berkhahn am Vorabend gesagt, auf dem Weg durch den mexikanischen Dschungel, zu dieser Party, die mal wieder „the best ever“ werden sollte? „Du willst deine Grenzen austesten“, hatte er gesagt. „Nachtleben heißt vergessen, was Montag bis Freitag war.“

Und wenn es darüber Montagabend wird? „Dann“, sagt er, „bin ich dabei.“

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