Schichtarbeit bringt die innere Uhr des Menschen aus dem Takt. Die Folge können Schlafdefizite, chronische Übermüdung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Mit einigen Tipps lässt sich die Gesundheit jedoch fördern.

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Ob im medizinischen Bereich oder im produzierenden Gewerbe - in vielen Branchen muss rund um die Uhr gearbeitet werden, um kontinuierliche Abläufe zu gewährleisten. Schichtarbeit ist jedoch nicht nur anstrengend, sondern kann auch die Gesundheit belasten.

Nachtdienst stört die biologische Uhr

Der Mensch ist von Natur aus tagaktiv. Faktoren wie das Tageslicht sorgen dafür, dass sich die innere Uhr nach einem Tag-Nacht-Rhythmus richtet. "Schichtarbeit führt jedoch dazu, dass der Körper während der Nacht künstlichem Licht ausgesetzt ist", erklärt Thomas Behrens, stellvertretender Institutsdirektor des Instituts für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA).

"In zentralen Hirnstrukturen werden aufgrund der empfangenen Lichtsignale sämtliche inneren biologischen Rhythmen des Körpers synchronisiert." Diese Steuerung erfolgt durch Hormone, wie beispielsweise Melatonin, das vor allem bei Dunkelheit ausgeschüttet wird.

Langfristig kann es bei Schichtarbeit zu einer anhaltenden Unterbrechung des körpereigenen Bio-Rhythmus kommen, die innere Uhr kommt sozusagen aus dem Takt. Die Auswirkungen von Schichtarbeit hängen jedoch unter anderem vom individuellen Chronotyp eines Menschen ab. "Wir unterscheiden drei Hauptformen: Frühtypen, intermediäre Typen und Spättypen", betont Behrens. "Frühtypen haben dabei keine Probleme, früh aufzustehen, während Spättypen abends lange wach bleiben, ohne ein Schlafdefizit zu entwickeln." Doch egal ob Nachteule oder Lerche - kaum ein Mensch erlebt seine produktivste Phase in der Nacht.

Gesundheitliche Risiken durch Schichtarbeit

Wird der Bio-Rhythmus dauerhaft gestört, führt dies in vielen Fällen zu Schlafstörungen und chronischer Übermüdung. "Das kann mit einem erhöhten Unfallrisiko, Fehlern bei der Arbeit, aber auch psychischen Belastungen einhergehen", zeigt Behrens die Risiken auf. Auch Depressionen können die Folgen sein. "Darüber hinaus kann Schichtarbeit zu Konflikten zwischen Arbeit, Familie und Freizeitgestaltung führen, die ebenfalls die psychische Gesundheit beeinträchtigen können."

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Mögliche Folgen von Nacht- und Schichtarbeit sind Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt und Übergewicht, weiterhin könnte ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestehen. Auch Krebserkrankungen wie Brust-, Prostata- und Darmkrebs werden in der Literatur als Folgen von Schicht- und Nachtarbeit diskutiert.

Mehr Schwierigkeiten bei Nachtschicht im Alter

Ab dem 50. Lebensjahr lässt die Leistungsfähigkeit in der Regel nach. Insbesondere Nachtschichten können zum Problem werden, da sich die Menschen tendenziell eher zum Frühaufsteher entwickeln. "In der Regel ist das auch mit einer kürzeren Gesamtschlafdauer verbunden", betont Behrens. "Es konnte zudem gezeigt werden, dass ältere Schichtarbeitende häufiger eine kürzere Schlafdauer zwischen Nachtschichten im Vergleich zu arbeitsfreien Tagen aufweisen und sich so der soziale Jetlag aufgrund von Nachtschichten mit zunehmendem Alter vergrößert."

Gesundheitliche Probleme können die Folge sein. "Zurzeit wissen wir allerdings noch zu wenig darüber, welche weiteren Einflüsse auf die Gesundheit von Schichtarbeitenden einwirken, um hieraus die Notwendigkeit einer Einschränkung von Nachtarbeit für ältere Beschäftigte abzuleiten", betont der Experte. "Flexiblere, an den Chronotyp angepasste Arbeitszeiten für ältere Beschäftigte zu ermöglichen, könnte aber einen zukünftigen Ansatz darstellen."

Maßnahmen zur Gesundheitsförderung sinnvoll

Eine Studie der Wissenschaftler des IPA bei Beschäftigten im Pflegedienst zeigt, dass sich in einem standardisierten Test in Nachtschichten im Vergleich zur Tagschicht unter anderem die Reaktionszeiten verlängerten und die Häufigkeit von fehlerhaften Reaktionen zunahm. Dies besserte sich jedoch bereits nach der zweiten Nachtschicht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen daher, unregelmäßige oder schnell wechselnde Schichtpläne zu vermeiden.

Weitere Präventionsmaßnahmen können negative Effekte von Schichtarbeit abschwächen. Experten empfehlen, soweit möglich, auf einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus zu achten und die Anhäufung von Schlafdefiziten zu vermeiden. "Der Schlafraum sollte angenehm, ausreichend dunkel und ruhig sein", rät Behrens. "Zudem sollte man den Tag entspannt ausklingen lassen und vor dem Schlafen schwere Mahlzeiten und koffeinhaltige Getränke, möglichst auch Alkohol, vermeiden, da diese den Körper belasten."

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Bei wechselnden Schichten sollte mit der Uhr rotiert werden. Darüber hinaus ist das "Schlafen in Schicht", also ein Verteilen der Schlafzeiten auf mehrere Schlafperioden am Tag, ein möglicher Ansatz für das Vermeiden von Schlafdefiziten. Im besten Fall würden Arbeitgebende es ihren Beschäftigten ermöglichen, den Schichtplan aktiv mitzugestalten, sodass diese nur wenige Stunden während ihrer bevorzugten Schlafzeiten arbeiten müssen. Hilfreich sind zudem ein guter Freizeitausgleich mit sozialen Kontakten und Sport sowie eine bewusste Ernährung.

Über die Person: Prof. Dr. med. Thomas Behrens ist stellvertretender Institutsdirektor des Instituts für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum.

Verwendete Quellen:

  • Behrens T, Pallapies D, Brüning T, Rabstein S.: Verminderte Aufmerksamkeit in Nachtschichten. IPA Journal 2019;3: 36-39
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