Büroabstinenz als Karrierekiller

Homeoffice: Warum Berufseinsteiger nicht nur von zu Hause aus arbeiten sollten

Spontane Begegnungen, ein kurzer Plausch in der Kaffeeküche über das Wochenende: Das alles fällt im Homeoffice weg.

Spontane Begegnungen, ein kurzer Plausch in der Kaffeeküche über das Wochenende: Das alles fällt im Homeoffice weg.

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Dortmund. Seit der Corona-Pandemie ist es in vielen Betrieben normal geworden, dass die Beschäftigten mehr oder weniger im Homeoffice arbeiten können. Für Berufseinsteiger ist das Arbeiten am heimischen Schreibtisch allerdings häufig kein guter Platz, um die Karriere zu starten. Sie fragen sich: Wie kann ich mein Team kennenlernen? Was mache ich, wenn ich meine Aufgaben nicht verstehe? Wie kann ich mich von zu Hause aus im Unternehmen auszeichnen, positiv wahrgenommen werden?

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Die Vorteile des Homeoffice sind bekannt: Man spart sich den Arbeitsweg, ist flexibler bei der Zeiteinteilung, hat Ruhe zum Arbeiten und meist eine bessere Work-Life-Balance. Doch die Büroabstinenz verändert auch das Miteinander – sowohl auf dienstlicher als auch auf sozialer Ebene.

Persönlicher Kontakt fehlt

Vor allem wer neu im Job ist, sieht die Nachteile: Spontane Begegnungen, ein kurzer Plausch in der Kaffeeküche über das Wochenende – das alles fällt im Homeoffice weg. „Der Austausch über das Internet kann nur bedingt den persönlichen Kontakt ersetzen“, sagt Martin Zeschke, Arbeits- und Organisationspsychologe bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund.

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„Das fängt damit an, dass es schwierig ist, das Team kennenzulernen und die Arbeitsprozesse zu verstehen. Aber auch das informelle Lernen bleibt auf der Strecke“, erklärt der Fachmann. „Dabei geht es um die Alltäglichkeiten: Wie verhalten sich andere im Teammeeting? Wer macht mit wem Pause? Welche Strukturen gibt es hinter den Fassaden?“

Auch für die Arbeitsorganisation würden im Homeoffice die Hürden für Neulinge oft höher liegen. Zeschke: „Vor Ort fällt es leichter, Fragen zu stellen, als per Mail oder am Telefon.“ Überhaupt sei es schwieriger, von zu Hause aus Kontakte zu knüpfen, die für die Karriere wichtig wären.

Hier stimme das negative Stereotyp nicht, dass vor allem Ältere im Homeoffice digital abgehängt werden. „Jüngere sind vielleicht technisch etwas fitter als Ältere. Doch was ihnen fehlt, ist die Berufserfahrung“, sagt Zeschke. Dadurch seien langjährig Beschäftigte meist sicherer, und sie wüssten, wie sie ihre Aufgaben bewältigen könnten.

Arbeitgeber entscheidet

Doch wie sieht es rechtlich aus? Können neu angestellte Beschäftigte von ihren Vorgesetzten verlangen, vor Ort im Betrieb arbeiten zu können? „Wenn zum Arbeitsort nichts anderes geregelt ist, ist der Betrieb der Arbeitsort“, sagt Till Bender, Sprecher beim DGB Rechtsschutz.

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„Haben sich aber die Parteien vertraglich darauf geeinigt, dass die Arbeit komplett im Homeoffice erbracht wird, gibt es kein Recht des Beschäftigten, im Betrieb zu arbeiten“, erklärt der Gewerkschaftsjurist.

Allerdings hätten neue Kolleginnen und Kollegen einen Anspruch darauf, eingearbeitet zu werden. „Das wird der Chef in der Regel ohnehin tun, weil er ja ein Interesse daran hat, dass die Arbeit vernünftig gemacht wird“, sagt Bender. Denn: „Spätestens, wenn der oder die Neue Fehler macht und dadurch Schäden entstehen, hat der Arbeitgeber das Nachsehen.“ Vor Gericht würde man ihm entgegenhalten, dass der Schaden mit einer entsprechenden Einarbeitung hätte vermieden werden können.

„Auch im Homeoffice ist eine Einarbeitung grundsätzlich denkbar, wobei es natürlich immer auf die Aufgaben ankommt. Denkbar sind virtuelle Schulungen sowie Besprechungen im Team und mit Vorgesetzten über Videokonferenz-Software“, sagt Bender und ermutigt: „Auch wenn im Betrieb kein Arbeitsplatz eingerichtet ist, kann man gegebenenfalls an Teammeetings teilnehmen oder ein Gespräch bei seinem Vorgesetzten führen. Vielleicht lässt sich das ja noch mit einer gemeinsamen Mittagspause kombinieren.“

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Was das Arbeitszeitgesetz regelt

Homeoffice bedeutet nicht, im rechtsfreien Raum zu arbeiten. Laut Arbeitszeitgesetz ist am Tag eine Arbeitszeit von maximal acht Stunden erlaubt. Ausnahmsweise dürfen Beschäftigte zehn Stunden täglich arbeiten, wenn es innerhalb von sechs Monaten zu einem Ausgleich kommt.

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Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden ist eine Pause von mindestens 30 Minuten vorgeschrieben. Wer mehr als neun Stunden arbeitet, muss 45 Minuten lang Pause machen.

Das Arbeiten an Sonn- und Feiertagen ist grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind je nach Branchen festgelegt.

Es müssen Ruhezeiten zwischen den Arbeitstagen eingehalten werden. Die Mindestruhezeit beträgt elf Stunden. Für manche Branchen sind die Ruhezeiten extra geregelt, zum Beispiel in Krankenhäusern.

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