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Staat zahlt Entschädigung 467 anerkannte Corona-Impfschäden seit Beginn der Pandemie

Von Jonas E. Koch und Tobias Schmidt | 22.01.2024, 01:00 Uhr

Wer in Deutschland einen Impfschaden erlitten hat, bekommt vom Staat eine Entschädigung. Aber wie viele Menschen haben seit Beginn der Corona-Schutzimpfungen einen möglichen Impfschaden gemeldet – und wie viele Antragssteller hatten tatsächlich einen?

Wer in Deutschland einen Impfschaden erlitten hat, bekommt vom Staat eine Entschädigung. Dazu müssen Betroffene einen Antrag beim zuständigen Versorgungsamt in ihrem Bundesland stellen.

So läuft der Antrag ab:

  1. Wer über gesundheitliche Folgen einer Impfung klagt, sollte zunächst den Hausarzt aufsuchen.
  2. Der meldet Verdachtsfälle daraufhin dem staatlichen Paul-Ehrlich-Institut.
  3. Dann können Betroffene einen Antrag stellen.
  4. Ein Gutachter prüft dann den möglichen Impfschaden.
  5. Das zuständige Versorgungsamt entscheidet dann über den Antrag.

So viele Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens wurden gestellt

Insgesamt wurden seit Beginn der Impfungen 11.827 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens gestellt. Das ergab eine exklusive Abfrage unserer Redaktion in allen 16 Bundesländern.

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums waren bis April vergangenen Jahres 64,9 Millionen Menschen in Deutschland mindestens ein Mal gegen Corona geimpft. 467 bestätigte Schäden bei 64,9 Millionen mindestens ein Mal geimpften Personen entspricht einer Quote von 0,00072 Prozent beziehungsweise einem anerkannten Schaden pro 138.888 Impfungen.

Der Streit über Corona-Impfungen hat die Gesellschaft gespalten. Bei vielen war die Sorge groß, die neuen mRNA-Impfstoffe seien nicht sicher. Es gab Warnungen vor Massenschäden. Am Samstag dieser Woche jährt sich der erste Corona-Fall in Deutschland zum vierten Mal. Das war der Anlass der Abfrage. Das Ergebnis – 11.827 Anträge bei knapp 65 Millionen Impflingen – heißt: 0,018 Prozent der Geimpften oder 1,8 von 10.000 haben einen Antrag auf Entschädigung eines Impfschadens gestellt.

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In welchem Bundesland die meisten Corona-Impfschäden gemeldet wurden

Wie viele Menschen einen Impfschaden beantragt haben, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland teils erheblich: Während in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern lediglich einige hundert Anträge bei den Behörden eingelaufen sind, sind es in Hessen und Berlin um die 900 Anträge.

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Ungewöhnlich viele Anträge gibt es in Bayern: Hier wurden mehr als 2500 gestellt, deutlich mehr als im einwohnerstarken Nordrhein-Westfalen. Da der Antrag aber nicht an Fristen gebunden ist und auch von Hinterbliebenen gestellt werden kann, könnten in den folgenden Monaten und Jahren noch Anträge hinzukommen. Nach Eingang des Antrags wird dann geprüft, inwiefern der Antragssteller unter einem Impfschaden leidet.

Was ist ein Impfschaden?

Was ein Impfschaden eigentlich ist, ist im Infektionsschutzgesetz klar geregelt: Eine „gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung“. Dazu muss der Schaden länger als sechs Monate bestehen und ein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und dem gesundheitlichen Schaden bestehen.

Nicht jede Nebenwirkung oder Komplikation ist also auch ein Impfschaden. Gesundheitsstörungen, die innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten wieder folgenlos ausheilen, werden nicht als Impfschäden anerkannt und führen damit auch nicht zu einem Leistungsanspruch. Diese Regelung gilt übrigens nicht nur für die Corona-Schutzimpfung, sondern für alle „öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen“, also beispielsweise auch für Grippe-Impfungen. Und auch für Schwangere oder Kinder ab 12 Jahren, für die es nur eingeschränkte Stiko-Empfehlungen gibt.

So viele Anträge wegen Impfschäden wurden bereits genehmigt

467 Anträge wurden bereits genehmigt, mehr als 5000 hingegen abgelehnt. In Hamburg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und dem Saarland wurden bislang lediglich eine Handvoll Anträge genehmigt – in Bremen sogar noch gar keiner mit Leistungsanspruch.

Bundesweit wurden 5597 Anträge noch gar nicht bearbeitet. 658 Anträge haben sich aus anderen Gründen erledigt. 467 positive Bescheide über Impfschäden bei 6230 bereits bearbeiteten Anträgen entspricht einer Anerkennungsquote von 7,5 Prozent.

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Über die Hälfte der Impfschaden-Anträge noch unbearbeitet

Die Erledigung eines Antrages wird erst dann erfasst, wenn die Entscheidung rechtskräftig ist. Legt der Antragssteller Widerspruch ein oder klagt gegen die Ablehnung, kann sich das verzögern, der Antrag bleibt dann weiter in Bearbeitung.

Zwischen den Bundesländern unterscheidet sich die Bearbeitung teils erheblich. Während in Schleswig-Holstein, Sachsen und Sachsen-Anhalt bereits knapp 70 Prozent oder mehr der Anträge bearbeitet wurden, sind es in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern nicht mal ein Drittel, in Thüringen sogar nur ein knappes Viertel.

Ein Problem: Es gibt nicht genug Gutachter, wie das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen erklärt. Und das sei kurzfristig auch „kaum zu beheben“. Außerdem problematisch ist, „dass in der medizinischen Wissenschaft derzeit nur ein unvollständiger Wissensstand über gesicherte Zusammenhänge zwischen den Schutzimpfungen gegen COVID-19 und einzelnen Erkrankungsbildern besteht“, so das Ministerium aus NRW weiter.

Wie viel Geld gibt es für einen Corona-Impfschaden?

Wird ein Impfschaden anerkannt, zahlt der Staat teils üppige Leistungen. Je nach Einzelfall können das eine Erstattung entstandener Kosten, eine lebenslange Rente oder auch eine Hinterbliebenenversorgung sein. Wie viel Geld es dann genau gibt, hängt von den konkreten Impfschäden ab. Gegebenenfalls kann auch ein Anspruch auf einen sogenannten Berufsschadensausgleich bestehen, dessen Höhe sich nach dem früheren Einkommen richtet.

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Anlässlich des vierten Jahrestages des ersten bekannten Corona-Falls in Deutschland blicken wir aus verschiedenen Perspektiven auf die Pandemie zurück. Hier finden Sie alle Texte.