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Institut schlägt Alarm: ein Drittel aller Depressionen jobbedingt – Gründe und Lösungsvorschläge

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Viele Menschen haben im Job mit psychischen Problemen zu kämpfen. Warum das so ist – und was dagegen unternommen werden kann.

Fühlen Sie sich auch durch Ihre Arbeitsstelle mental müde oder haben sogar mit ernsthaften psychischen Problemen dadurch zu kämpfen? Keine Angst, Sie sind damit bei weitem nicht alleine. Es sind schockierende Neuigkeiten, die die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – kurz BAuA – jüngst bekannt gegeben hat. Das Institut schätzt nämlich, dass rund ein Drittel der Fälle, in denen Arbeitnehmer an depressiven Symptomen leiden, durch den Job verursacht werden. Davon berichtete zuerst die Welt. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass die Betroffenen nicht erfolgreich in ihrem Job sind.

Internationale Analyse liefert beunruhigende Ergebnisse zu Depressionen am Arbeitsplatz

Um Ursachenforschung zu betreiben, lohnt sich ein Rückblick ans Jahresende 2023. Damals nämlich wurden auf der „World Health Summit“ von Birgit Greiner – Epidemiologin der irischen University College Cork – sowie Reiner Rugulies – Epidemiologe des Nationalen Forschungszentrums für Arbeitsumwelt in Kopenhagen – die Ergebnisse einer umfangreichen Analyse vorgestellt. Diese erschien im Journal The Lancet. Dabei wurde herausgefunden, dass gewisse berufliche Begebenheiten mit einem erhöhten Risiko verbunden sind, an einer Depression zu erkranken.

Ein Mann sitzt gestresst vor seinem Laptop
Viele Arbeitnehmer haben mit psychischen Problemen zu kämpfen. © Panthermedia/IMAGO

Dutzende Studien mit Hunderttausenden Arbeitnehmern kamen zu dem Ergebnis, dass Mobbing am Arbeitsplatz den stärksten Einfluss auf eine entstehende Depression hat. Die weiteren Hauptgründe für mentale Probleme am Arbeitsplatz: Jobunsicherheit, große emotionale Belastungen, mangelnde Gerechtigkeit, zu wenig Anerkennung sowie fehlende Unterstützung. Zudem fällt auch „Job Strain“ in diese Kategorie. Dabei müssen Beschäftigte hohe Anforderungen erfüllen, haben zugleich aber kaum Kontrolle und Handlungsspielraum.

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Depression am Arbeitsplatz: Sich nutzlos fühlen kann gefährlich werden

Dieter Zapf ist Arbeitspsychologe an der Goethe-Universität Frankfurt/Main. Er sieht ein weiteres großes Problem. Nämlich dann, wenn der berufliche Stress den Selbstwert untergräbt. Beispielsweise, wenn eine Tätigkeit sinnlos erscheint. „Wenn ich zwei Wochen lang einen Zwischenbericht schreiben muss, obwohl klar ist, dass niemand ihn lesen wird, fühle ich mich wie der letzte Loser. Das wirkt sich viel negativer auf meine Psyche aus als etwa reiner Zeitdruck“, erklärt Zapf gegenüber der Welt.

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Ebenfalls ungemütlich werde es laut Zapf, wenn Beschäftigte mit der Anzahl ihrer Aufgaben überfordert werden und dadurch den emotionalen Anforderungen des Jobs nicht mehr gerecht werden können. Als Beispiel nennt der Arbeitspsychologe dabei Arbeitnehmer im Bildungs- oder Pflegewesen. Dort herrsche besonders häufig extremer Zeitdruck und Überlastung für die Beschäftigten. Generell seien Branchen, in denen Menschen mit anderen Menschen arbeiten, besonders gefährdet. Denn beschleunigt man dort die Arbeit, leidet die Qualität darunter. Es ist kein Zufall, dass laut dem „Fehlzeiten-Report“ von 2022 besonders Menschen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen, Banken, der öffentlichen Verwaltung, Sozialversicherungen sowie Erziehung wegen psychischer Erkrankungen ausgefallen sind.

Depression am Arbeitsplatz: Experte nimmt Arbeitgeber in die Pflicht

Bleibt nach der Ursachenforschung noch das Aufzeigen möglicher Lösungswege. Hermann Burr, aktiv bei der BAuA-Gruppe „Psychische Belastung und Mentale Gesundheit“, nimmt die Arbeitgeber in die Pflicht. Laut ihm sollten Arbeitnehmer einen größeren Einfluss auf ihr Arbeitspensum und Arbeitstempo haben. Zudem müssten in den Augen Burrs Arbeitgeber ihre Angestellten genauer im Blick behalten: „Einen Mitarbeiter anzuerkennen, bedeutet nicht nur, seine Erfolge wertzuschätzen – sondern auch wahrzunehmen, wenn er stark belastet ist.“

Häufig habe ich erlebt, dass Vorgesetzten nur deshalb bessere Jobbedingungen wollten, damit die Belegschaft mehr arbeitet. Die kümmern sich um die Gesundheit ihrer Beschäftigten mit Dollarzeichen in den Augen – das funktioniert nicht!

Dieter Zapf, Arbeitspsychologe an der Goethe-Universität Frankfurt/Main

Dieter Zapf merkt gegenüber der Welt an, dass in Unternehmen den Beschäftigten zwar geholfen wird – wie beispielsweise mit Gesundheitsprävention der Rentenversicherung–, selten jedoch im mentalen Bereich: „Für ergonomische Gefährdungen gibt es immer eine eindeutige Lösung, bis hin zur feuerfesten Unterlage für die Kaffeemaschine. Bei psychologischen Phänomenen ist das nicht so.“ Gerne würde er ein System – „Psychosocial Safety Climate“ – etablieren, das aufzeigt, wie sehr Führungskräfte wirklich um das Wohl ihrer Mitarbeiter besorgt sind. Denn Zapf betont: „Häufig habe ich erlebt, dass Vorgesetzten nur deshalb bessere Jobbedingungen wollten, damit die Belegschaft mehr arbeitet. Die kümmern sich um die Gesundheit ihrer Beschäftigten mit Dollarzeichen in den Augen – das funktioniert nicht!“

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